Hypocras - was ist das?
Hypocras ist der mittelalterliche Vorläufer des heutigen Glühweins.
Allerdings kannten bereits die Römer Gewürzweine und trugen die Zubereitung in alle Provinzen. Es wurde Rotwein oder Weisswein mit kostbaren Gewürzen versetzt und dieser warm oder kalt getrunken.
Die Bezeichnung "Hypocras" für Gewürzwein erscheint etwa um 1300 und bezieht sich wahrscheinlich
auf den griechischen Arzt Hippokrates, der schon um 400 vor Christus aus Gewürzen ein Pulver für Heilzwecke herstellte und dieses mit Alkohol verabreichte. Eventuell bezieht sich die Bezeichnung Hypocras oder Ypocras aber auf den Namen einer Art Stofffilter, den man üblicherweise zum Filtern solcher Gewürz-/Alkoholmischungen verwendet hat. Die Gewürzmischungen variieren über die Jahrtausende erheblich und Honig wird ab ca. 1500 allmählich mit Zucker ersetzt, der anfänglich auch als Heilmittel galt und ebenso teuer war wie die verwendeten orientalischen Gewürze.
Rezept aus römischen Kochbuch des Apicius, ums Jahr 350 n. Chr.: Rotwein zusammen mit Honig unter ständigem Rühren aufkochen, dann kommen Pfeffer, Mastix (Harz des Pistazienbaumes), Lorbeerblätter und Safran dazu.
Tausend Jahre später, also um 1350, werden im "Buoch von guoter Spise" folgende Zutaten für Hypocras genannt: Rotwein, Zimtstangen, Ingwerwurzel, Paradieskörner, Muskat, Galgantwurzel, Zucker.
Als heutige Thurgauer-Variante schlage ich einen Glühmost vor:
2 l Süssmost, ca. 50 g Zucker, 1 Zimtstange, 1 Gewürznelke, 1 grosses Stück Ingwerwurzel, 1 Kapsel Kardamom. Alles zusammen kurz aufkochen und etwa 5 Minuten knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen, absieben und sofort als Heissgetränk servieren oder abkühlen lassen und lauwarm trinken. Das Gleiche geht auch bestens mit "suure Moscht", einfach mehr Zucker dazugeben. Es sind hier der Experimentierfreudigkeit mit Gewürzen, Wein, Säften, Tees keine Grenzen gesetzt.
Viel Freude beim Ausprobieren!
Apicius: De re coquiaria / Über die Kochkunst, Vollständige zweisprachige Ausgabe, Reclam, Stuttgart 1991